Mit der Refokussierung auf die Landes- und Bündnisverteidigung verlangt der NATO-Anpassungsprozess und die entsprechende Verteidigungsplanung der Bündnispartner, insbesondere der Bundeswehr, eine neue Qualität hinsichtlich Interoperabilität und Standardisierung. Damit einhergehend ist ein neuer Schub für die Digitalisierung der NATO. Für die Bundeswehr heißt das, zukünftig noch tiefer in die Bündnisstrukturen integriert sowie stärker verzahnt mit verbündeten Streitkräften über alle Führungsebenen hinweg, in einer abgestuften Verfügbarkeit einsatzbereit zu sein und in allen Dimensionen operieren zu können. Um im Rahmen der Zeitenwende eine zukunftsfähige, einsatz- und kriegstüchtige Bundeswehr zu schaffen, bedarf es einer konsequenteren Digitalisierung. Sie soll ein breiteres und agileres Spektrum an Handlungsoptionen bei Multi-Domain Operations (MDO) eröffnen und die Auswirkungen des demographischen Wandels u.a. durch technologische Entwicklungen, wie z.B. die verstärkte Integration unbemannter Systeme dämpfen.
Die Digitalisierung der Luftwaffe ist eine kontinuierliche Weiterentwicklung, die alle Bereiche und Ebenen der Luftwaffe, besonders die Ablauf- und Aufbauorganisation, die Führung und Ausbildung von Personal sowie die interdisziplinäre Zusammenarbeit und Kultur betrifft. Dazu gehört etwa unser Engagement für das deutsche Waffensystem der nächsten Generation, dem Next Generation Weapon System (NGWS), das Teil des Future Combat Air System (FCAS) ist. In einem solchen System of Systems werden – angesichts der zunehmenden Komplexität des Luftkampfes in der Zukunft – bemannte Kampfflugzeuge durch unbemannte Systeme, sogenannte Remote Carrier, begleitet, welche in ihren jeweiligen spezifischen Einsatzrollen Aufgaben zugewiesen bekommen werden. Diese Interoperabilität bemannter und unbemannter Plattformen zur Verfolgung eines gemeinsamen Missionsziels bezeichnet das Ziel des Manned-Unmanned-Teaming. Die Entwicklung dieser Fähigkeit genießt eine sehr hohe Priorität, da das effektive Zusammenspiel mit unbemannten Komponenten den Sprung in die neue Generation von Kampfflugzeugen vorbereitet. Darüber hinaus wirkt sich die Digitalisierung durch die Stärkung und Verbesserung von Flexibilität, Geschwindigkeit, Koordination, Balance, Leistungsfähigkeit und Wirkung auf die operationelle Agilität aus. Wichtig ist ebenfalls die Geschwindigkeit bei der Umsetzung digitaler Lösungen. Hierzu bedarf es neuer Entwicklungen, dem Ausbringen neuer Technologien und Innovationen. In diesem Zusammenhang setzen wir bei der Planung und Führung komplexer Luftoperationen auf künstliche Intelligenz.
Eine Erhöhung der Interoperabilität soll nicht zuletzt durch Software Defined Defence (SDD) erreicht werden, um bspw. Aufklärungsergebnisse verschiedener Systeme in Lagebildern zusammenführen und Entscheidungstragenden zu erlauben, zielgerichtete und wirkungsvolle Maßnahmen ergreifen zu können. Andererseits zielt SDD aber auch darauf ab, als Reaktion auf technische und taktische Anforderungen, zielgerichtete Anpassungen an und für die Plattformen vornehmen zu können. Damit können Fähigkeitsverbesserungen/ -erweiterungen schnell und durch die Wiederverwendung vorhandener Softwaremodule auch wirtschaftlich vorgenommen werden.
Die Vernetzung der Systeme in der Dimension Luft, die Verknüpfung von Sensoren, Effektoren und Unterstützungsleistungen, der kontinuierliche Informations- und Datenaustausch und das erforderliche übergreifende Lagebewusstsein wird erst durch leistungsfähige, resiliente Cloud-Strukturen ermöglicht werden – ein weiterer Bereich, der im Fokus der Weiterentwicklung der Fähigkeiten der Luftwaffe steht. Dies gilt gleichermaßen für den Simulationsverbund der Luftwaffe, bei dem wir die Simulatoren deutschlandweit und darüber hinaus mit unseren Partnern miteinander vernetzen. Gerade die Entwicklung und Bewertung dieser innovativen Technologien sowie deren Erprobung bis hin zu gemeinsamer Rüstung von Waffen-, Führungs- und Unterstützungssystemen werden die Zukunft der Streitkräfte noch stärker prägen als bisher.
Mit der Teilnahme der Luftwaffe an der Fachausstellung AFCEA sehen wir eine Möglichkeit, weitere Potenziale gemeinsam über Dimensionen hinweg und mit Industriepartnern zu identifizieren und zu erörtern.